Wenn KI Routinen übernimmt, wächst der Anteil der Aufgaben, die Urteilsvermögen, digitale Kompetenz und Flexibilität erfordern. Lernen wird damit zum entscheidenden Faktor, um nicht von der Entwicklung überholt zu werden.
KI als Co-Worker – und was das für Teams bedeutet
Algorithmen priorisieren Bewerbungen, Chatbots beantworten Gästefragen, Tools schreiben Textentwürfe oder analysieren Schichtpläne. Die rasante Verbreitung von KI verändert nicht nur Tools, die wir nutzen. Sie verändert Rollen, Arbeitsprozesse und damit komplette Arbeitswelten.
Der XING Future Work Report 2025 beschreibt diese Entwicklung so: KI wird bis 2040 als „Co-Worker“ zu einem festen Teammitglied, das Routinetätigkeiten übernimmt und damit Zeit für kreativeres, komplexeres Arbeiten freispielt.
Gleichzeitig zeigt eine Auswertung des Reports:
• Fast jedes vierte XING-Mitglied geht davon aus, dass es den eigenen Job in der heutigen Form in 15 Jahren nicht mehr geben wird.
• 74 % der Beschäftigten wünschen sich Weiterbildungen zu digitalen Technologien und KI.
Also: Nicht KI setzt Unternehmen unter Druck, sondern das Tempo, in dem neue Kompetenzen entstehen müssen.
Eine moderne Personalentwicklung nutzt KI als Werkzeug, richtet ihren Fokus aber weiterhin auf die Menschen. Dadurch entsteht ein Arbeitsrahmen, in dem kontinuierliches Lernen zur Selbstverständlichkeit wird.
Reskilling vs. Upskilling – zwei Hebel, ein Ziel
Upskilling: Mitarbeitende erweitern oder vertiefen Fähigkeiten für ihre aktuelle Rolle. Beispiel: Eine Teamleiterin lernt, KI-gestützte Analysen zu interpretieren, um ihre Personaleinsatzplanung zu verbessern.
Reskilling: Mitarbeitende bauen komplett neue Kompetenzsets für neue Tätigkeitsfelder auf. Beispiel: Ein Rezeptionist entwickelt sich zum „Digital Guest Experience Manager“, der nicht mehr an der Front steht, sondern Buchungs- und Feedbackdaten mit KI auswertet.
Der XING Future Work Report 2025 spricht in diesem Zusammenhang vom „Automatisierungs-Shift“: Nicht der Job verschwindet pauschal, sondern die Aufgaben darin verschieben sich – insbesondere in Richtung Upskilling, gerade in Niedriglohnsektoren, die zu einem großen Teil aus wiederkehrenden Routineaufgaben bestehen – genau jenen Tätigkeiten, die sich am schnellsten automatisieren lassen. Dadurch verschieben sich Rollen nicht weg, sondern hin zu anspruchsvolleren Aufgaben, die digitale und kommunikative Kompetenzen erfordern. Ohne gezieltes Upskilling entsteht für Beschäftigte und Unternehmen eine gefährliche Lücke zwischen technischer Entwicklung und tatsächlichen Fähigkeiten.
Global betrachtet unterstreicht der Future of Jobs Report 2025 des Weltwirtschaftsforums (WEF), wie tiefgreifend dieser Wandel ist: Arbeitgeber erwarten, dass sich 39 % der Schlüsselkompetenzen bis 2030 verändern.
Die Dimension des Themas: Zahlen aus WEF, OECD & Co.
Mehrere große Studien zeigen, dass es hier nicht um „ein paar zusätzliche Trainings“ geht, sondern um eine strukturelle Neuaufstellung.
Wie viele Menschen müssten eigentlich geschult werden?
Laut WEF gilt: Wenn die Weltbevölkerung aus 100 Erwerbstätigen bestünde, müssten 59 bis 2030 eine Form von Aus- oder Weiterbildung durchlaufen, um anschlussfähig zu bleiben – 29 davon können in ihrer aktuellen Rolle upgeskillt werden, 19 brauchen eine Neuplatzierung im Unternehmen, 11 bekämen voraussichtlich gar nicht die nötige Qualifizierung.
Parallel dazu rechnet der WEF-Report mit einer Nettozunahme von 78 Millionen Jobs bis 2030: 170 Millionen neue Rollen entstehen, 92 Millionen werden verdrängt. Die Herausforderung ist also weniger „Jobvernichtung“ als Jobtransformation – und der schnelle Aufbau der passenden Skills.
> Report: Future of Jobs 2025: The jobs of the future – and the skills you need to get them
Was sagt die OECD?
Die OECD verweist darauf, dass Upskilling- und Reskilling-Initiativen entscheidend sind, damit die bestehende Belegschaft auf KI-getriebene Veränderungen vorbereitet ist. Gleichzeitig ist unklar, ob das aktuelle Angebot an Weiterbildung ausreicht, um den künftigen Bedarf zu decken.
Ein weiterer OECD-Bericht beschreibt den Übergang zu einem „Skills-First“-Ansatz: Nicht die formale Rolle oder der Abschluss stehen im Mittelpunkt, sondern konkret nachweisbare Fähigkeiten – ein Trend, der sich mit der Verbreitung von KI deutlich beschleunigt.
> Report: Bridging the AI skills gap
> Report: Empowering the Workforce in the Context of a Skills-First Approach
Lohnt sich das überhaupt?
Eine jüngere Studie zu Weiterbildungen zeigt, dass 86 % der karriereorientierten Lernenden positive berufliche Effekte durch Upskilling/Reskilling berichten; fast ein Drittel konnte sogar ihr Gehalt steigern.
> ingenieur.de: So zahlen sich Reskilling und Weiterbildungen aus
Drei Missverständnisse über KI & Skills
Missverständnis 1: „KI ersetzt Menschen – Lernen wird ohnehin überflüssig.“
Der XING Future Work Report zeichnet ein anderes Bild: KI wird zum Co-Worker, der repetitiv-manuelle Aufgaben übernimmt und dadurch Ressourcen für Lernen, Innovation und Beziehungsarbeit freisetzt.
WEF und OECD kommen zum gleichen Schluss: Es geht um eine Neuaufteilung der Arbeit, nicht um die Abschaffung menschlicher Kompetenz.
Missverständnis 2: „Für Weiterbildung haben wir im Tagesgeschäft keine Zeit.“
In vielen Organisationen wird Lernen noch als „Bonusprogramm“ gesehen – etwas, das man macht, wenn zufällig Luft ist.
Die Studienlage zeigt aber: Ohne strukturiert eingeplante Lernzeit und klare Priorisierung geraten Unternehmen genau in die Falle, die sie vermeiden wollen – Fachkräftemangel und Innovationsstau.
Missverständnis 3: „Es gibt genug Angebote – die Mitarbeitenden müssen sie nur nutzen.“
Der WEF-Report hält fest, dass Zugang zu Reskilling und Upskilling weltweit oft ähnlich eingeschränkt ist, unabhängig von Branche oder Region. Anders gesagt: Es mangelt nicht nur an Motivation, sondern an passenden, gut kuratierten, realistisch integrierbaren Lernpfaden.
Was Unternehmen jetzt konkret tun können
Im KI-Zeitalter reicht es nicht, eine Liste mit Kursen zu verschicken. Erfolgreiche Unternehmen denken Reskilling & Upskilling als Teil ihrer People- und Markenstrategie.
1. Von Stellenbeschreibungen zu Skill-Landkarten
- Identifizieren Sie Skills, die durch KI entlastet, ergänzt oder ersetzt werden.
- Erarbeiten Sie Skill-Pfade: Welche Kompetenzen muss eine Person entwickeln, um
– in ihrer Rolle zu bleiben (Upskilling) oder
– in eine andere Rolle zu wechseln (Reskilling)?
2. Kompetenzen dreistufig denken
Statt „Alle brauchen KI-Know-how“ hilft eine klare Struktur:
- AI Literacy – Grundverständnis für alle: Was ist KI, was kann sie (noch) nicht, wo liegen Risiken?
- AI Superuser – Schlüsselpersonen in Fachbereichen: Sie verstehen, wie sie KI-Tools im Alltag sinnvoll einsetzen, bewerten Ergebnisse und bleiben kritische Sparringspartner.
- AI Specialist: Sie entwickeln, integrieren und optimieren KI-Lösungen und treiben Governance-Themen voran.
Diese Struktur verhindert sowohl Überforderung als auch Unterforderung.
3. Lernzeit institutionalisiert einplanen
- Fixe Lernfenster pro Woche/Monat („Learning Hours“, „Deep Dive Friday“).
- Microlearning-Formate, die sich in Schichtpläne, Saisonalität oder Peak-Zeiten integrieren lassen – gerade im Tourismus oder in Dienstleistungsbranchen.
- Klare Erwartungshaltung: Lernen gehört zur Arbeitszeit, nicht zur Freizeit.
4. Führungskräfte als Lernarchitekten
- Führungskräfte kuratieren nicht nur Inhalte, sondern sorgen für psychologische Sicherheit: Fragen stellen, testen, scheitern ohne Gesichtsverlust.
- Performance-Gespräche integrieren explizite Skill-Entwicklungsziele statt nur vergangene Ergebnisse zu bewerten.
5. Wirkung messen – nicht nur Teilnahmequoten
- Vorher/Nachher-Vergleiche von Kennzahlen wie interner Mobilität, Time-to-Competence oder Teamleistung.
- Verknüpfung mit qualitativen Daten: Wie sicher fühlen sich Mitarbeitende im Umgang mit KI? Wo erleben sie Überforderung? Ergänzen Sie Ihre jährliche PERSENTIS Umfrage gezielt mit entsprechenden Fragestellungen.
Reskilling & Upskilling mit PERSENTIS: Entwicklung, die wirkt – für Menschen und für´s Unternehmen
Reskilling und Upskilling sind nicht einfach Programme, die „auch noch gemacht werden müssen“. Sie sind ein strategisches Werkzeug, um ein Unternehmen auf Zukunft zu stellen – und gleichzeitig jene Mitarbeitenden zu halten, die Antrieb, Neugier und Entwicklungshunger mitbringen. Genau diese Menschen entscheiden heute über Innovationskraft und Kulturstärke.
PERSENTIS Analytics: Wo Entwicklung echten Unterschied macht
In den Analyse-Ergebnissen wird sichtbar, welche Bereiche Entwicklungsmöglichkeiten brauchen – und welche sie aktiv einfordern.
Besonders wertvoll: Sie erkennen Teams mit hoher Lern- und Veränderungsbereitschaft. Dort wirkt gezieltes Upskilling sofort – und bindet gerade die wachstumsorientierten Mitarbeitenden, die sonst schnell weiterziehen, wenn sie sich nicht weiterentwickeln können.
Damit wird Lernen nicht zum Selbstzweck, sondern zu einem konkreten Hebel für Engagement und Bindung.
PERSENTIS Profiling: Entwicklung passt dann, wenn sie zur Person passt
Mit dem PERSENTIS Profiling können Sie einordnen, welche Art von Entwicklung Menschen tatsächlich stärkt:
- Wachstumsorientierte Profile möchten Neues ausprobieren, Kompetenzen erweitern, Rollen verändern
- Stabilitätsorientierte Profile brauchen eher ein klares Umfeld und präzise Schrittfolgen
- Andere wiederum blühen auf, wenn sie Verantwortung für ein Spezialgebiet übernehmen können
Diese Muster zu kennen, verhindert Fehlinvestitionen – und sorgt dafür, dass Reskilling und Upskilling dort ansetzen, wo Motivation und Potenzial sowieso schon vorhanden sind. Das stärkt Bindung weit stärker als jede Einmalmaßnahme oder isolierte Schulung.
PERSENTIS Care: Lernen funktioniert am besten in stabilen, klar geführten Teams
Reskilling und Upskilling können inspirieren, aber auch verunsichern, wenn der Druck hoch ist oder Orientierung fehlt. PERSENTIS Care screent Aufgabenattraktivität und Beziehungsqualität und macht sichtbar:
- Wo Teams stabil genug sind für größere Entwicklungsschritte
- Wo Unsicherheiten entstehen, die Lernen bremsen
- Wo Führung gezielt unterstützen muss, damit aus guter Absicht auch echte Entwicklung wird